Dass man beim Stichwort Punk nicht mehr automatisch an den Bahnhof Stadelhofen denkt, liegt sehr stark daran, dass die Musik- und Jugendbewegung mit Ausgangspunkt in den späten 70ern ein handfestes Revival erlebt. Wieviel dieses frohe Referenzspiel aber effektiv mit den 80er Jahren zu tun hat, wird klar, wenn man sich René Uhlmanns Punk Cocktail anschaut.

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1976 bis 1980: Punks, New Wave Fans, Teds und junge Künstler treffen sich im Club Hey und machen Musik. Es herrscht Aufbruchstimmung in der Zürcher Subkultur. Aus New York und London schwappen neue Töne und bunte Bilder nach Zürich und deuten einen Wertewandel an: Vergiss Professionalität! Zum Musik machen brauchst du keinen Blockflötenunterricht und um Bilder aufzunehmen reicht das nötige Material und etwas kreative Energie.

Der Zürcher René Uhlmann nutzte die Gunst der Stunde, um mit der Super-8-Kamera seines Vaters die Bilder seines Künstlerumfeldes einzufangen. Zu den Klubaufnahmen kamen Animationsfilme und - lange vor MTV - Musikvideos für befreundeten Bands wie Kleenex, Manisch Depressiv, Nasal Boys, TNT etc. So entstand eine Fülle an Material, das Uhlmann nun, 2006, aufbereitete, digitalisierte und neu vertonte.

Das Ergebnis ist "Oral und Visual History" des kulturellen Zeitgeistes der Zürcher Punkbewegung. Entstanden in einer Zeit, wo der Gegenwind noch fies um die Ohren pfiff, Jugend noch jung und vor allem laut und bunt war und Erwachsene grau, alt und verkorkst. Fast scheint es, dass die Jugend in Kunst und Musik Kraft gesammelt hat, um wenige Jahre später Zürich in den Opernhauskrawallen brennen zu lassen (Züri brännt).

Punk Cocktail vermag in seiner Rohheit und Unmittelbarkeit logischerweise um einiges überzeugender Punk-Zeitgeist ausdrücken als alle rot-schwarz-gekringelten Socken oder geröhrlten Jeans zusammen. Und wirkt wohltuend unfertig in einer Zeit, in welcher auf dem Label Zürich immer auch Hochglanz glitzern muss. Also bitte nicht verwechseln: Das sieht nicht bloss aus wie in den 80ern, sondern ist aus den 80ern.

Für den Geschichtsunterricht: Zeitgleich mit René Uhlmanns Clip- und Animationsfilm erscheint im Verlag Edition Patrick Frey "Hot Love - Swiss Punk & Wave 1976-1980", ein umfang- und variantenreiches Geschichtsbuch der Schweizer Punk-Szene von 1976 bis 1980, erstmals zusammengetragen und chronologisch erzählt. Musikalisch begleiten könnte die Lektüre zum Beispiel der neue Tonträger von Ober-Punk Rudolph "Hillary" Dietrich, "Sheer Hilariousness" mit "Smash Hits from the urban swamps of Switzerland".