CH.FILM

Helden sterben anders Schweiz 2006 – 154min.

Filmkritik

Die Passion Winkelrieds

Simon Spiegel
Filmkritik: Simon Spiegel

Der Schweizer Film boomt und diversifiziert sich. Dabei werden auch ganz neue Genres entwickelt, etwa das "No-Budget-Epos". Luke Gasser hat mit "Anuk - Der Weg des Kriegers" Pionierarbeit geleistet, und "Helden sterben anders" schickt sich nun an, den Vorläufer gleichzeitig zu über- und unterbieten.

Erzählt wird eine der bekanntesten Schweizer Legenden, jene von Arnold Winkelried, der sich - so will es die Sage - bei der Schlacht von Sempach uneigennützig in die Lanzen des Habsburger Heeres geworfen hat und so den Eidgenossen eine Bresche schlug. Guter Stoff für ein Heldenepos, und wahrhaft episch sind auch die Zahlen, mit denen "Helden sterben anders" aufwarten kann: Zweieinhalb Stunden Spielzeit, 1500 Komparsen, 50 Drehorte und noch so einiges mehr. Das hört sich nach einer ganz grossen Kiste an, wie man sie normalerweise nur aus Hollywood kennt. Tatsächlich aber ist der Film Ivo Saseks keine finanziell grosszügig ausgestattete Grossproduktion, sondern ein Amateurstreifen, der praktisch ohne Geld, dafür aber mit umso mehr Einsatz der Beteiligten produziert wurde.

Wie schon bei Luke Gassers glückloser Bronzezeitsaga haben wir es hier mit einem Werk von Enthusiasten zu tun, und auch sonst sind die Ähnlichkeiten verblüffend: Beiderorts wird die trauliche Schweizer Berglandschaft in ein Schlachtfeld verwandelt, und hier wie dort sprechen die Laienschauspieler aus nicht nachvollziehbaren Gründen Hochdeutsch. Der grosse Unterschied ist aber, dass "Anuk" bei allen Schwächen etwas fürs Auge bot. Gasser kann Bilder machen, hat echten Sinn fürs Epische, "Helden sterben anders" dagegen ist visuell eine einzige Stümperei. In dem überlangen Film gibt es kaum ein überzeugendes Bild, stattdessen flüchtet sich der Film immer dann, wenn grosse Dramatik markiert werden soll, in läppische Zeitlupenaufnahmen. Würde man alle Slow-Motion-Szenen in normaler Geschwindigkeit abspielen, der Film wäre ein angenehmes Stück kürzer.

So aber zelebriert der Film seine Unzulänglichkeiten geradezu, und deren gibt es viele: Darsteller, die die Bezeichnung "Schauspieler" nicht verdient haben, Dialoge zum Haareraufen, ein unausgegorener Plot, in dem sich Winkelried vom Alpen-Ninja zu Jesus National wandelt, und zum Schluss noch einen gänzlich unerwarteten Abstecher in AUNS-nahe Gefilde. Und dazwischen Massenszenen, die zwar schrecklich unbeholfen inszeniert und gefilmt sind, bei denen man aber staunt, was die Filmemacher da alles an Komparsen, Zelten, Rüstungen und Pferden zusammengetrommelt haben. Zweifellos, "Helden sterben anders" ist als rein logistische Grossleistung mehr als beeindruckend und hat den Titel "aufwendigster Schweizer Amateurfilm aller Zeiten" redlich verdient - bloss sehenswertes Kino ist das nicht.

02.03.2007

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Kommentare

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kinofans

vor 13 Jahren

Sehr gut gemachter Film mit Tiefgang und Dramatik. Wieder mal zeigt Ivo Sasek sein Auge fürs Detail und die perfekte Kombination von Sound und Bild.
Beide Daumen hoch und großes Lob!!!


hiramholiday

vor 16 Jahren

Mich hat dieser Film tief bewegt aufgrund des Lebensbilds der Hauptperson Winkelried. Der Film ist ein voll authentischer, sehr geschmackvoller und mit viel Liebe zum Detail inszinierter Leckerbissen. Wer Billig-Fun sucht kommt hier zu kurz.


Gelöschter Nutzer

vor 16 Jahren

Ich habe gehört dass der Film demnächst auf DVD erscheint. Im Mediamarkt Interdiscount Weltbild usw.


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