Hana Japan 2006 – 127min.

Filmkritik

Sargnagel fürs Samuraitum

Filmkritik: Eduard Ulrich

Man hat's nicht leicht, aber leicht hat's einen: Ein junger Samurai fasst den Racheauftrag seines Lebens, ohne ihm schwertkampftechnisch oder emotional gewachsen zu sein. Das kann ja heiter werden - und genau so hat es auch Hirokazu Kore-eda inszeniert.

Das Genre des Samurai-Films ist so etabliert wie der Western. Unbemerkt von den Fans dramatischer Kampfszenen hat sich eine friedliche Form entwickelt: 2002 und 2006 kamen zwei Teile aus Yamada Yojis Trilogie bei uns ins reguläre Kinoprogramm, und nun Kore-edas kinderfreundliche Fassung, in der nur mit Stöcken gekämpft und tatsächlich nur Theaterblut vergossen wird.

Dass Kore-eda hervorragend mit Kindern umgehen kann, weiss, wer seinen unvergesslichen Vorgänger "Nobody Knows" gesehen hat. Dennoch überrascht es, welch wichtige Funktion Kinder in diesem untypischen Samurai-Film spielen. Man könnte sogar auf den Gedanken kommen, der Regisseur hätte sich zum Ziel gesetzt zu zeigen, dass sich das soziale Leben und die privaten Motive damals denjenigen in der modernen Industriegesellschaft Japans ähneln: Kinder möchten etwas lernen, was ihnen konkret nützt, und durchschauen die Lügengeschichten der Erwachsenen. Männer sind scharf auf Frauen und umgekehrt; sogar Homosexualität wird in einem Satz erwähnt.

Altes wird abgelöst, die Gesellschaft wandelt sich. Nichts neues unter der Sonne, könnte man also meinen - und das zurecht, versetzt uns der Regisseur doch in eine der Moderne nahe Zeit, in der der Samurai längst ein Auslaufmodell ist und dies die Gesellschaft explizit thematisiert: Wozu ist ein Samurai gut? Der hat ja noch nicht einmal im Leben richtig gearbeitet! Wenn derart massiv am Lack der Vorbildfunktion von Harakiri und Kamikaze gekratzt wird, darf man das getrost als Fundamentalkritik an der Armee interpretieren.

Die hochentwickelte Kriegs- und Waffenkunst hat sich also peu à peu in eine antiquierte, scheel angesehene und überflüssige Absonderlichkeit verwandelt. Die nicht enden wollenden Blutracheketten der Clans gehen allen inzwischen so auf die Nerven, dass sogar diejenigen nach Abhilfe suchen, die zuletzt etwas auf den Deckel bekamen und nun zur Rache schreiten müssten. Das Theater bietet einen Ausweg: Geteiltes Leid ist halbes Leid, und via Theater einem grösseren Publikum mitgeteiltes Leid ist nach dieser Mathematik der Emotionen nur noch ein Bruchteilleid.

Kore-eda inszeniert unspektakulär, aber detailgenau und voller witziger, manchmal auch augenzwinkernder Einfälle. Die Folge von eher kurzen, kammerspielartigen Szenen mit prägnanten Dialogen erinnert an das Betrachten eines Emakis, und die reizende, der europäischen Renaissance nachempfundene Musik grundiert die Stimmung aufs Vortrefflichste.

04.09.2008

4

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