Je ne suis pas là pour être aimé Frankreich 2005 – 93min.

Filmkritik

Tango gegen Kummerfalten

Beatrice Minger
Filmkritik: Beatrice Minger

Im Film von Stephane Brize kommen wieder einmal zwei Menschen kraft des Liebestanzes Tango zusammen. Zum Glück wird die männliche Figur dabei von Patrick Chesnais gespielt, der mit seiner Bill Murray'schen Mimik und stotternden Annäherungsversuchen eine Situationskomik produziert, die das Herz erwärmt.

Die Männer des Arthauskinos stecken in der Krise. Das Filmplakat von "Je ne suis pas là pour être aimé" zum Beispiel ist eine unzweideutige Referenz auf den König aller midlifekrisengeschüttelten und selbstzweifelnden Männern der jüngeren Filmgeschichte: Bill Murray. Patrick Chesnais sitzt nicht auf dem Bett vor dem Hintergrund des pulsierenden Tokios wie Murray in "Lost in Translation", sondern auf einem Sofa vor dem in leidenschaftlichem rot gehaltenen Bild eines tanzenden Tangopaares. Ansonsten schaut er genauso traurig, genauso hoffnungslos drein wie sein Vorgänger. Kein Bild für die Götter.

Doch für Jean-Claude besteht Hoffnung. Zwar hat er durchaus Grund zum traurig schauen, denn er führt ein fantasieloses Leben als Gerichtsvollzieher. Lustlos bittet er Zahlungsunfähige zur Kasse, verbringt seine Sonntage mit seinem verdriesslichen Vater bei Monopoly im Altenheim und scheitert daran, zu seinem Sohn eine Beziehung aufzubauen. Erst als er seinem müden Herzen einen Ruck gibt und sich für einen Tangokurs in der Tanzschule gegenüber seiner Kanzlei anmeldet, kommt Feuer in ihn und die Geschichte. Er lernt Françoise (Anne Consigny) kennen, welche kurz vor ihrer Hochzeit steht und selbst ein bisschen überrascht ist, dass sie sich für die ungeschickten und etwas eingerosteten Annäherungsversuche von Jean-Claude erwärmen lässt. Der Tango jedoch kommt den zwei Unbedarften zur Hilfe und überbrückt mit zaghaften Schritten anfängliche Unsicherheiten.

Die Grösse des Films liegt nicht im Plot, sondern in der Inszenierung. Der Vergleich mit Bill Murrays Mimik und unbeholfenem Gehabe ist gar nicht so weit hergeholt wenn man Patrick Chesnais zuschaut, wie er sich erst mit traurigem Blick und hängenden Schultern durch den Alltag quält und durch sein neues Hobby langsam auftaut und stotternd nach Worten sucht, seinen Gefühlen Ausdruck zu verleihen.

"Je ne suis pas la pour être aimé" lebt von diesen Verlegenheitsdialogen und Unsicherheitsgesten und dem lakonischen Humor, der sie begleitet. Regisseur Stéphane Brize macht also dank hervorragenden Schauspielern aus dem Arthauskino-Stereotyp des heil- und liebebringenden Paartanzes einen herzerwärmenden Vorschlag wie der Mann aus der Krise findet.

03.11.2020

3

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Kommentare

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Klaus1108

vor 17 Jahren

Dieser Film gehört zum besten, was ich dieses Jahr im Kino gesehen habe. Mir ist auch aufgefallen, dass bei der Vorführung dieses Films fast nur Frauen im Kino sassen. Warum eigentlich?


monit

vor 17 Jahren

Dieser Film tut echt gut! Die Hauptdarsteller sind absolute Weltklasse. Bei Patrick Chesnais sitzt in jeder Gefühlslage jede Falte am richtigen Ort! Absolut genial! Ausserdem mag ich die Tango-Hintergrundmusik und die Echtheit des Filmes, ein sehr ehrlicher, sensibler und einfach nur schöner Film! Mein absolutes Highlight im Moment!Mehr anzeigen


wirto

vor 17 Jahren

Fand den Film wirklich gut. Hat einige sehr romantisch verlegene Szenen dabei. Auch wenn ich fast der einzige Mann im Kino war, würde ich Ihn allen weiter empfehlen.


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