The Corporation Kanada 2004 – 145min.

Filmkritik

Wirtschaft, Gesellschaft, Umwelt

Filmkritik: Eduard Ulrich

Der Jubel über die Aktienkursexplosion ist längst dem Jammer über die verlorenen Milliarden und vernichteten Arbeitsplätze gewichen - einige Bosse sitzen noch vor Gericht oder bereits hinter Gittern. Dass dies nicht nur ein spektakulärer "Unfall" war, sondern eine zwangsläufige Folge des Kapitalismus', versuchen Mark Achbar und Jennifer Abbot in ihrer umfangreichen Dokumentation zu zeigen.

Der Aktienkurs ist mit Abstand der wichtigste Gradmesser für den Erfolg eines Unternehmens. Wie dieser Erfolg zu Stande kommt, wer den Preis dafür bezahlt, wenn die Zahlen in die Höhe schiessen, und welche Folgen damit verbunden sind, interessiert die Aktionäre normalerweise nicht, denn Geld stinkt nicht. Obwohl sich «The Corporation» auch mit diesen Fragen beschäftigt, darf man keine schlüssigen Antworten erwarten, denn dazu ist das Thema zu komplex und der Fokus des Films zuwenig auf konkrete innerbetriebliche Strukturen gerichtet.

Im Zentrum steht vielmehr die Wechselwirkung zwischen Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt, wobei sich die Firmen als stärkster Faktor erweisen, gegen den Umweld und Individuum, aber auch die Politik den Kürzeren ziehen. Von einer überzeugenden Analyse ist der Film trotzdem weit entfernt. Das liegt einerseits am stark vereinfachenden Ansatz, eine Parallele zwischen dem Agieren einer Firma und dem Verhalten eines Menschen zu ziehen, und an der diffusen Materialauswahl, die oft nicht eng mit dem gerade erläuterten Oberbegriff in Beziehung steht.

Andererseits liegt es auch an handwerklichen Merkmalen wie dem zügigen Nennen vieler Fakten, die kaum aufzunehmen, geschweige denn zu begreifen und schon gar nicht im Gedächtnis zu behalten sind - also eher ein Fall für eine DVD. Zudem gefällt sich das Regieduo Mark Achbar und Jennifer Abbot in videoclipartigen Sequenzen, die keine erkenntnisfördernde Funktion besitzen, weil sie in beinah einfältiger Weise bestimmte Begriffe des gerade aktuellen Themas spiegeln. Dieses aus Satiresendungen des Fernsehens hinlänglich bekannte Verfahren lockert auf - jedenfalls beim ersten Sehen - trägt aber auch erheblich zur problematischen Länge von 145 Minuten bei. Weniger wäre hier mehr gewesen.

Es ist zu befürchten, dass der Film sein Zielpublikum verfehlt, weil ihn sich vor allem mit der Thematik Vertraute ansehen werden. Für diese Gruppe wäre dann die Hauptfrage, ob sie sich die DVD zulegen - der Kinobesuch als Degustation sozusagen. Denn die simple Botschaft, dass das rücksichtslose Plündern des Planeten einem Sturz von einem Felsen gleicht, dessen Aufprall erst eine spätere Generation erleben wird, ist für viele Europäer kalter Kaffee.

23.09.2020

3.5

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