21 Gramm USA 2003 – 125min.

Filmkritik

Seele gefunden

Filmkritik: Andrea Bleuler

Der mexikanische Regisseur Alejandro González Iñárritu verfolgt in seinem erst zweiten Spielfilm das ambitiöse Vorhaben, sich der menschlichen Seele zu nähern. Drei brillante Schauspieler - Sean Penn, Benicio Del Toro, Naomi Watts - und ein raffiniertes Drehbuch verhindern, dass dieses Projekt zu einer intellektuellen Fingerübung verkrampft.

"21 Grams" beginnt unspektakulär: Irgendwo in Amerika liegen Cristina (Naomi Watts) und Paul (Sean Penn) im Bett. In den zwei Filmstunden werden Vor- und Nachgeschichte dieser Szene aufgerollt. Im Zentrum stehen drei beeindruckend effizient skizzierte Charaktere.

Jack (Benicio Del Toro) hat sich nach einer früh begonnenen Verbrecherkarriere zu einem fanatisch religiösen Familienvater entwickelt, wird aber in seinem Stolz massiv gekränkt, als er wegen eines zu auffälligen Tatoos seinen Job als Caddie verliert. Cristina ist vom Partygirl zur Familienfrau mutiert, zweifelt aber an ihrer Zufriedenheit. Mathematiker Paul braucht eine Herztransplantation und wird von seiner Frau (Charlotte Gainsbourg) aus Angst, ihn zu verlieren, zur Spermienabgabe gedrängt.

Wie bereits bei Alejandro González Iñárritu's viel beachtetem Debüt "Amores Perros" sind ihre Lebenswege durch einen Verkehrsunfall miteinander verbunden und die Protagonisten dadurch auf sich selbst zurückgeworfen.

Die zeitliche Zersplitterung der Handlung ist dabei weit mehr als ein formaler Fetischismus: Guillermo Arriagos (auch schon der Autor von "Amores Perros") Drehbuch ermöglicht eine sehr emotionale Wahrnehmung des Geschehens und schafft dadurch eine Intimität zwischen den Protagonisten und dem Publikum, der man keinerlei sentimentale Schmierereien vorwerfen kann. "21 Grams" benutzt ein Filmsprache, die der chaotischen Natur der menschlichen Psyche nachempfunden scheint und erreicht so ein besonders beeindruckendes Resultat.

In seiner ersten US-Produktion verfällt Iñárritu auch nicht der Masslosigkeit, sondern fällt klare Entscheidungen: Die unkomplizierten, verwaschenen Bilder von Kameramann Rodrigo Prieto übersetzen die Fassungslosigkeit der Protagonisten, und wie bereits in seinem Beitrag zu "9�11��01" verzichtet er für den Spannungshöhepunkt auf Ton, was die Wirkung der Szene maximal intensiviert.

Die grosse Qualität von Iñárritus Werk ist, nebst den allesamt gleichermassen beeindruckenden Schauspielern Naomi Watts, Sean Penn und Benicio Del Toro (alle drei sind am Filmfestival Venedig für ihre aussergewöhnliche Leistung geehrt worden), der Mut zur Auslassung: "21 Grams" ist ein lückenreicher Cluster, der die Aura der Seele trotz einer hochinteressanten Analyse unangetastet lässt.

10.11.2020

5

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Kommentare

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evemaechler

vor 19 Jahren

Mitreissend, wie Amorres Perros.


Gelöschter Nutzer

vor 19 Jahren

spannende story, grandiose schauspieler, super kamaraführung. dieser film nimmt einem so richtig mit.


minawhiteblue

vor 19 Jahren

vordert die aufmerksamkeit des kinobesuchers


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