In & Out USA 1997 – 90min.

Filmkritik

In & Out

Filmkritik: Martin Glauser

High-School-Lehrer Howard Bracket (Kevin Kline) liebt Barbra Streisand und englische Sonnette, trägt Fliege, fährt in einer amerikanischen Kleinstadt Fahrrad, ist sauber und höflich und also offensichtlich schwul. Das behauptet jedenfalls sein ehemaliger Schüler Cameron Drake (Matt Dillon), der es in Hollywood mit einer Homorolle zu schnellem Ruhm gebracht hat. Er behauptet es allerdings nicht einfach so, sondern in einer Dankesrede während der Oskar-Verleihung. Sämtlichen Bewohnern von Greenleaf erstarren vor ihren Fernseh-Bildschirmen minutenlang die Gesichter.

Ich weiss nicht, wie es jenem Lehrer erging, den Tom Hanks 1994 nach Erhalt des Oskars für Philadelphia vor einem Millionenpublikum als "fine gay american" betitelte. Aber im Gegensatz zu ihm wohnt Howard Bracket jedenfalls nicht in San Francisco, sondern eben in Greenleaf, hält sich selbst für heterosexuell und unternimmt in der Folge alles, um anderslautende Unterstellungen zu entkräften. Sein Hauptargument ist die kurz bevorstehende Hochzeit mit seiner langjährigen Verlobten (Joan Cusack). Doch je verzweifelter er sich bemüht, desto mehr wächst der allgemeine Argwohn, und Tom Selleck als schwuler TV-Reporter weiss sowieso schon lange, wohin sein After Shave weht.

Die erste Hälfte ist wirklich lustig. Frank Oz (Muppets-Filme, Little Shop of Horrors, The Indian in the Cupboard) hat ein routiniertes Gefühl für Timing und Kevin Kline bringt die nötige Personalkomik. Der Film mag sogar einige Verdienste darin haben, dass er Homosexualität jenseits von Aids wieder einmal für die Komik fruchtbar macht. Er tut es freilich unter Bemühung der üblichen Schwulen-Klischees und bringt vielleicht zwei, drei Barbra-Streisand-Gags mehr als nötig. Eine Screwball-Komödie, die keine Risiken eingeht. In der zweiten Halbzeit flacht die Komik ein wenig ab, nachdem das Thema "Outing" vom Thema "Minderheiten-Akzeptanz" abgelöst wird. Offenbar ist es humoristisch einfach ergiebiger, einer "Klemmschwester" zuzuschauen als einem bekennenden Homo und seinen Problemen mit der Umwelt. Höhepunkt des Toleranz-Lehrstücks ist ein Massen-Coming-Out während der Examensfeier der Schule. Die ganze Stadt erklärt sich in einem Akt der Solidarität als gay und tut damit im Prinzip dasselbe wie die Hauptfigur: das Bekenntnis zu einer sexuellen Ausrichtung ohne entsprechende sexuelle Praxis. Sowenig Howard jemals mit seiner Verlobten geschlafen hatte, sowenig scheint er sich nach seiner Konvertierung mit dem eigenen Geschlecht einlassen zu müssen. Howards Homosexualität besteht offenbar aus nichts anderem als aus gewissen kulturellen Vorlieben und ein paar "typischen" Handbewegungen. Das ist das Problem mit allen Toleranzkomödien. In & Out zeichnet den Idealschwulen für ein heterosexuelles Publikum. Die Frage bleibt damit vorerst ungeklärt: ist Howard Bracket schwul?

19.02.2021

3

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Kommentare

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movie world filip

vor 12 Jahren

witzige film mit starke kline als lehrer mit schwule kwalitäten der sich realisiert er ist... - für die frauen gibt es ein kuss mit Tom Selleck


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