Begabt - Die Gleichung eines Lebens USA 2017 – 102min.

Filmkritik

Hochbegabung - Fluch oder Segen?

Peter Osteried
Filmkritik: Peter Osteried

Die großen Blockbuster liegen Marc Webb nicht. Das kann man nach seiner Rückkehr zum kleinen, menschlichen Drama auf jeden Fall sagen. Bombast und Effekte können eben wohldosiertes Gefühl niemals übertrumpfen - insbesondere dann, wenn die Schauspieler mit Inbrunst tätig sind. Entsprechend ist die Sieben-Millionen-Dollar-Produktion Gifted ein sehr schöner Film geworden.

Frank Adler (Chris Evans) kümmert sich seit vielen Jahren um seine Nichte Mary, die wie ihre verstorbene Mutter ein mathematisches Genie ist. Ihre Grossmutter will darum auch, dass Marys Hochbegabung gefördert und in die Dienste der Menschheit gestellt wird. Frank wiederum sieht das ganz anders: Da seine Schwester am Druck zerbrochen ist, lautet sein Ziel ein anderes: Er will Mary eine ganz normale Kindheit ermöglichen und ihr ein ähnliches Schicksal ersparen. Seine Mutter ist damit ganz und gar nicht einverstanden und strengt einen Prozess an, um das Sorgerecht über Mary zu übernehmen.

Das große Publikum hat Gifted in den USA nicht gefunden - ob er hierzulande mehr Glück hat, bleibt abzuwarten: Chris Evans konnte das Publikum bisher vornehmlich mit seiner Rolle in Captain America in die Kinos locken. Das ist umso bedauerlicher, als dass hier eine Geschichte präsentiert wird, die nicht nur sehenswert ist, sondern auch Raum zur Diskussion bietet.

Die Macher vermeiden es nämlich, eindeutig Stellung zu beziehen. Tatsächlich kann man als Zuschauer sowohl Frank als auch seine Mutter verstehen. Beide sind Antipoden, weswegen der Konflikt einer ist, der nicht nur zwischen Alt und Jung, sondern auch in Sachen Ideologie gefochten wird. Darf man einem Kind, noch dazu einem Wunderkind, die Möglichkeit verwehren, sein Potenzial wirklich auszuschöpfen? Oder raubt man dem Kind damit die eigene Kindheit? Das ist der Knackpunkt dieses Films, der auf ein salomonisches Ende hinsteuert- damit aber nicht verhindern kann, dass die grundlegende Frage weiter im Kopf des Zuschauers herumspukt: Er bietet nämlich genügend Antworten für beide Argumentationsweisen.

Unabhängig davon präsentiert sich Gifted als dicht inszeniertes Drama für ein an menschlichen Geschichten interessiertes Publikum. Zwar schrammt der Film immer haarscharf am Melodrama vorbei, schafft es aber, sowohl das Herz als auch den Verstand anzusprechen. Das macht diese kleine Independent-Produktion zum angenehmen Kontrastprogramm in einem Kinojahr, das von Fortsetzungen und Franchises dominiert ist. Tatsächlich merkt man auch Evans an, dass er es genießt, abseits der großen FX-Epen eine Figur spielen zu können, die dank ihrer Normalität absolut authentisch wirkt.

20.02.2024

4

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Kommentare

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ingrid83

vor 6 Jahren

Wunderschöner und tief berührender Film!!!


Benji72

vor 6 Jahren

Einfach ein schöner Film. Hat mich sehr gut unterhalten und auf eine emotionale Reise mitgenommen. Die Hauptdarstellerin ist wirklich süss und "Captain America" macht seine Sache ebenfalls sehr gut!


massimo_mattera

vor 6 Jahren

Toll!


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