The Birth of a Nation USA 2016 – 120min.

Filmkritik

Geburt einer Sklavenrevolte

Gaby Tscharner
Filmkritik: Gaby Tscharner

Ein wichtiges Stück amerikanischer Geschichte, das wegen der Vergangenheit seines Regisseurs und der Selbstherrlichkeit, mit der es erzählt wird, beinahe untergeht.

Nat Turner (Nate Parker) ist ein Sklavenjunge in Virginia, der sich anfangs des 19. Jahrhunderts selber das Lesen beibringt und von Elisabeth (Penelope Ann Miller), der Frau des Sklaven-Besitzers, eine Bibel zum Üben bekommt. Als Erwachsener avanciert er zum Priester und als die Plantage in finanzielle Schwierigkeiten gerät, wird Nat von Elisabeths Sohn Sam (Armie Hammer) für Geld an die Nachbarn ausgeliehen, um dort den Sklaven mit Bibelversen Gehorsam beizubringen. Seine Mission wird jedoch bald zum Kreuzzug. Um sein Volk von der Unterdrückung zu befreien, zettelt Nat eine Sklavenrevolte an.

Als die Oscars zwei Jahre hintereinander nur weisse Schauspieler nominierten und damit den “Oscars So White” Skandal auslösten, schien mit The Birth of a Nation am Sundance Festival 2016 der Film gefunden worden zu sein, der den Fluch lüften und Nominationen für schwarze Filmemacher einheimsen könnte. Heute sind die Lobeshymnen jedoch verstummt.

In einer seltsamen Schicksalswende wurde im Sommer bekannt, dass Nate Parker, Autor und Regisseur von The Birth of a Nation, Ende der 90er Jahre wegen Vergewaltigung vor Gericht stand. Parker plädierte auf unschuldig, der Sex zwischen einer Studentin, dem Co-Autor von The Birth of a Nation Jean Celestin und ihm habe im gegenseitigen Einvernehmen stattgefunden. Parker wurde frei gesprochen, Celestin wurde jedoch verurteilt. Als dieser jedoch Berufung einlegte, wurde er in zweiter Instanz frei gesprochen. Das vermeintliche Opfer beging 2012 Selbstmord.

Inwiefern soll ein Film am Charakter seiner Macher gemessen werden? Diese Frage muss jeder Zuschauer für sich selber beantworten. Mein Job ist es, den Film zu besprechen.

Parker und Celestin haben ein wichtiges und kompliziertes Kapitel amerikanischer Geschichte zwar mit viel Leidenschaft, aber mit wenig Finesse verfilmt. Nat Turner ist eine der vielschichtigsten und spannendsten Figuren der amerikanischen Geschichte. Parker macht aus ihm jedoch einen eindimensionalen Märtyrer, dessen Glaube und Motivation für den Aufstand nie hinterfragt werden. Die Frauen in Turners Leben, wie seine Braut Cherry (Aja Naomi King) oder die verheiratete Sklavin Esther (Gabrielle Union), werden auf brutalste Weise vergewaltigt, Ereignisse, für die es laut US-Historikern keine geschichtliche Grundlage gibt. Parker benutzt die Ausbeutung dieser Frauen als Motivation für Nats Rachefeldzug, während laut Überlieferungen sein felsenfester Glaube zur Revolte gegen die Sklavenhalter geführt haben soll.

Parker führt Mel Gibsons Schotten-Epos Braveheart als seine Inspiration für The Birth of a Nation auf und der Vergleich drängt sich deutlich auf. Beide Filme sind Prestigeprojekte, mit einer gehörigen Portion Selbstherrlichkeit inszeniert. Parker scheint dem schottischen Schlachtruf nicht nur die zentrale Liebesszene - nackte Menschen vor symbolträchtigem Kerzenlicht - abgeguckt zu haben. Parkers Film ist weniger elegant und feinfühlig als der Oscar-Gewinner 12 Years a Slave und erinnert in seiner hyperrealistischen Brutalität oft an Quentin Tarantinos Diango Unchained. Aber bei Filmen über die Sklaverei gilt eben wie bei allen anderen Filmen auch: Einige sind besser als andere.

20.02.2024

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