David Lynch: The Art Life Dänemark, USA 2016 – 88min.

Filmkritik

Die Ergründung eines Mythos

Björn Schneider
Filmkritik: Björn Schneider

Surreale Elemente und albtraumhafte Szenarien ziehen sich durch fast alle Filme von David Lynch. Woher kommt diese Neigung zum Übernatürlichen? Wie formten Kindheit und Jugend Lynchs Persönlichkeit? Und wie beeinflussten sie sein Kunstverständnis? Das sehr sehenswerte, intime Porträt The Art Life gibt Antworten auf diese Fragen, ohne dass der „Mythos Lynch“ entzaubert wird.

David Lynch (Twin Peaks) gehört zu den einflussreichsten Filmemachern der Gegenwart. Das Porträt The Art Life beleuchtet nun Kindheit, Jugend und die frühen Erwachsenenjahre von Lynch: von der behüteten Kindheit in Montana bis hin zu den düsteren Studentenjahren in einer verdreckten, zwielichtigen Wohngegend Philadelphias. Einen Schwerpunkt legt der Film auf seine künstlerischen Talente, abseits des Filmemachens: die Bildende Kunst und das Malen.

Insgesamt vier Jahre arbeiteten die Regisseure des Films, Jon Nguyen, Rick Barnes und Olivia Neergaard-Holm, an ihrer Dokumentation. Nur eine Person kommt in The Art Life zu Wort und informiert ausführlich über die Einflüsse und das Leben des Ausnahmekünstlers: Lynch selbst. Insgesamt führten die Filmemacher über 20 Interviews mit ihm, unter anderem in dessen Haus in den Hollywood Hills.

The Art Life widmet sich der zentralen Frage, wie aus David Lynch wurde, was er ist: der Meister des Bizarren, Grotesken und Mysteriösen. Und da einen Menschen nichts so sehr prägt wie die ersten Lebensjahre, die Kindheit und Jugend, schauen die drei Regisseure ganz weit zurück. Gemeinsam mit dem mittlerweile 71-jährigen Lynch, der als Erzähler zu jeder Zeit die Fäden in der Hand hält, begeben sie sich auf eine Reise zurück in die späten 40er-, 50er- und 60er-Jahre.

Es ist ein Erlebnis, Lynch beim Erinnern und Erzählen zuzusehen. Wie er da seelenruhig in seinem Atelier sitzt und Anekdoten zum Besten gibt, eine Zigarette nach der anderen raucht und ihm dabei die Haartolle geschmeidig in die Stirn fällt. Ab und zu schaut seine kleine Tochter in der Werkstatt vorbei. Die Momente, die Lynch gemeinsam mit ihr zeigen, gehören zu den intimsten und schönsten des Films.

Großartig sind auch die vielen seltenen, privaten Super-8-Aufnahmen und Archivbilder, die Lynch mit Familienmitgliedern und alten Freunden, zeigen. Gemeinsam mit den Erzählungen des Porträtierten komplettieren sie das Bild eines Mannes, der sich bereits in seinen frühesten Werken, von denen einige auch im Film zu sehen sind, vom Surrealen fasziniert zeigte. Am Ende, und das ist das Tolle an The Art Life, ist das „Rätsel Lynch“ nicht vollständig gelöst. Das Unnahbare und die geheimnisvolle Aura, bestehen auch nach Betrachten des Films weiter. Dennoch sind wir dem Mythos ein wenig näher gekommen.

03.04.2024

4

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