Verräter wie wir Frankreich, Grossbritannien 2015 – 107min.

Filmkritik

Ein ehrlicher Film

Peter Osteried
Filmkritik: Peter Osteried

Die neuste Verfilmung nach einem Stoff des Schriftstellers John Le Carré hebt sich wohltuend von den Geschichten ab, die der ehemalige Spion in der Regel erzählt – aber das Sujet der Geheimen hat er dennoch nicht verlassen. Er betrachtet es nur im Rahmen der veränderten Welt des 21. Jahrhunderts.

Perry (Ewan McGregor) und seine Frau Gail (Naomie Harris) machen in Marokko Urlaub, wo sie den Russen Dima (Stellan Skarsgard) kennen lernen. Er lädt sie zu einer Feier ein und vertraut Perry einen USB-Stick an, zusammen mit der Bitte, ihn dem britischen MI6 zu übergeben. Darauf enthalten sind Informationen über die russische Mafia, die hochrangige britische Politiker geschmiert hat. Dima hat noch mehr belastendes Material, aber auspacken will er nur, wenn seine Familie in Sicherheit gebracht wird. Doch das kann Hector (Damian Lewis) nicht garantieren, da er ohne Sanktion handelt, wodurch auch Perry und Gail in Gefahr geraten.

Der Kalte Krieg ist passé, die alten Feindbilder ebenso, das Geschäft der Geheimen ist aber immer noch dreckig. Das illustriert Our Kind of Traitor sehr gut, der es zudem versteht, den Zuschauer in das Geschehen hineinzuziehen, weil eine Identifikationsfigur geboten wird, die auch ganz normal ist. Ewan McGregor spielt einen aufrichtigen, ehrlichen Mann – nur deswegen wird er in diese Geschichte hineingezogen. Die Rolle ist unscheinbar, aber auch nur das Spiegelbild von Stellan Skarsgards Mafioso, der nach einem nicht minder bemerkenswerten Ehrenkodex lebt. Skarsgard, der mit schwerem, russischem Akzent spielt, ist großartig. Er zeichnet filigran das Bild eines Mannes, der nicht so sehr um das eigene, sondern mehr um das Leben seiner Familie bangt. Seine letzte Szene ist grandios, weil Dima Dinge sieht, die anderen verborgen sind – und andere vor Schaden bewahrt.

Our Kind of Traitor ist ein dicht erzählter, packend gestalteter Thriller, den man nicht als typischen Le-Carré-Stoff ansehen muss. Die exakte und nüchterne Zeichnung des Geheimdiensts ist ganz eins mit der Handschrift des Autors, hier erzählt er aber eine weit modernere Geschichte, die mit der Globalisierung zu tun –sowohl der des Verbrechens als auch der der Geschäftswelt, was, wenn die Summen nur groß genug werden, irgendwann ein und dasselbe ist.

Natürlich setzt man nicht auf Action, es ist vielmehr die Spannung, die den Zuschauer in den Bann zieht. Faszinierend ist dabei auch der Ansatz, eine Welt zu zeigen, in der die Guten am Ende nicht gewinnen. Zwar kann und will sich der Film nicht ganz darauf einlassen, sondern benötigt noch einen alles relativierenden Epilog, das Gefühl, dass der Einzelne im Zahnrad des großen Ganzen aber untergeht, wird dennoch gut transportiert.

16.04.2024

4

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Kommentare

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8martin

vor 6 Monaten

Die Romanvorlage von John Le Carré, der hier sogar ein hitchcockmäßiges, kurzes Cameo hat, (nur für die Freunde, die ihn kennen) ist ein Garant für einen Agententhriller der Spitzenklasse. Und keiner kennt sich aus eigener Erfahrung in diesem Milieu besser aus als John. Der Film ist anspruchsvoll und doch spannend. Mein popcornkauender Kappennachbar wäre allerdings fast eingeschlafen, wenn er nicht ständig Nachschub aus der Tüte bekommen hätte. Ihm war das alles zu hoch!
Es geht um Geldwäsche (‘money-laundering‘) bei der russischen Mafia.
Dabei hat Susannah White doch schon in Richtung 007 operiert. Besonders der Schluss scheint gelungen. Das Ende des russischen ‘Minigarchen‘ Dima (Stellan Skarsgard) macht deswegen so betroffen, weil er fast schon das ‘rettende Ufer‘ erreicht hatte und das zusammen mit seinen Kindern. Die persönlichen Komponenten sind in diesem Krimi besonders wichtig. So auch die Spannungen in der Beziehung von Perry und Gail (Ewan McGregor und Naomie Harris). Beide helfen dem russischen Mafiosi Dima die Seiten zu wechseln, obwohl Perry der Literaturprofessor eigentlich von Haus aus kaum dafür geeignet erscheint. Doch Dima vertraut ihm – als Mensch! (‘Perry the innocent‘). Dieser Aspekt wird auch beim MI6 offenbar. Hier überzeugt Hector (Damian-Homeland-Lewis). Er ist Mister Risiko und hätte sich fast verzockt. (‘Prinzen hassen den Verräter, aber sie lieben den Verrat‘)
Die allerletzte Szene hat Susannah White zum Roman kongenial hinzugefügt, weil sie inhaltlich aus dem Plot erwachsen ist. John Le Carré hat am Drehbuch und dieser überraschenden Auflösung mitgearbeitet. Ganz große Spannung auf hohem Niveau!Mehr anzeigen


Maratonna

vor 7 Jahren

Einfach nur laaaaangweilig. Ich wüsste nicht, wann hier jemals Spannung aufgekommen sein sollte. Ewan McGregor und seine Frau spielen ihre Rolle nicht glaubwürdig. Einzig Dima überzeugt. Die Story ist furchtbar konstruiert und eher peinlich simple, um nicht zu sagen recht dämlich. Die Anzahl der Schwachstellen übersteigen das Erträgliche.Mehr anzeigen


sum21

vor 7 Jahren

Ein sehr flauer Thriller, bei dem nicht gross Spannung aufkommt. Erst ungefähr in der letzten halben Stunde. Kein Vergleicht zu der Verfilmung von " der Klient " mit einem überzeugenderen Brad Renfro, der von der Mafia gejagt wurde.
Hier hätte man den Geheimdienst CI5 aufbieten sollen, Bodie und Doyle hätten es sicher geschafft, Familie inklusive Vater nach Grossbritannien zu überführen. Aber dieser Waschlappen vom CI6 war nicht zu gebrauchen nur um grosse Sprüche zu klopfen.
Die Drecksarbeit hat er anderen übertragen.Mehr anzeigen


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