Green Room USA 2015 – 94min.

Filmkritik

Kein Entkommen

Christopher  Diekhaus
Filmkritik: Christopher Diekhaus

Schon mit seinem zweiten Spielfilm Blue Ruin, einer ungewöhnlich erzählten Rachegeschichte, stellte der junge US-Filmer Jeremy Saulnier eindrucksvoll unter Beweis, dass er originelles Genrekino stemmen kann. Seine neue Regiearbeit Green Room fällt zwar etwas konventioneller aus, entfaltet aber dennoch einen starken Sog und hält einige knallharte Überraschungen bereit.

Eine Gruppe junger Menschen mitten in der Pampa – das ist die Ausgangssituation unzähliger Filme, die dem Subgenre des sogenannten Backwood-Horrors angehören. Saulnier baut auf der bestens vertrauten Prämisse auf und gewinnt ihr durch kleine Abwandlungen ein gewisses Maß an Eigenständigkeit ab: Auf ihrer Reise durch den Nordwesten der USA nehmen die Mitglieder der Punkband "The Ain't Rights" einen Gig in einer entlegenen Nazi-Kneipe an, da sie vollkommen abgebrannt sind. Als die Truppe nach ihrem Auftritt den Lohn einstreichen und schnell weiterziehen will, stolpert Bassist Pat (Anton Yelchin) im titelgebenden Backstage-Raum über eine Frauenleiche. Die geschockten Musiker alarmieren die Polizei, werden vom Personal allerdings im Hinterzimmer eingeschlossen und erleben kurz darauf die Ankunft des Barbesitzers Darcy Banker (Patrick Stewart), der den Punkern freien Abzug verspricht. Parallel bereitet der Nazi-Anführer aber schon die Beseitigung aller Spuren durch seine Handlanger vor.

Was wie eine chaotische Hinterland-Odyssee beginnt, entwickelt sich in der Tradition von John Carpenters Belagerungsklassiker Assault on Precinct 13 zu einem intensiven Nervenkrieg, der schließlich in einen deftigen Überlebenskampf mündet. Ein starker Magen ist dabei unerlässlich, weil Saulnier, der auch das Drehbuch verfasste, wiederholt krachende, handwerklich gelungene Splatter-Effekte aufbietet. Auch wenn man die Eskalation kommen sieht und der Film eine handelsübliche Body-Count-Dramaturgie verfolgt, brechen die Gewaltakte häufig unerwartet über den Zuschauer herein.

Anders als viele Genrekollegen verliert der Regisseur seine Protagonisten im blutigen Getümmel nicht komplett aus den Augen und schafft es noch dazu, in vielen Situationen ihr Handeln nachvollziehbar zu gestalten. Einen prägnanten Eindruck hinterlässt vor allem der gegen den Strich besetzte Patrick Stewart, der den Kneipeninhaber Darcy Banker abseits billiger Nazi-Klischees als skrupellosen, kühl kalkulierenden Problemlöser spielt. Da die Bedrohungslage nicht abnimmt und manch eine Figur im Verlauf der Handlung die Seiten wechselt, bleibt die Spannung bis zum surreal anmutenden Finale erhalten, sodass sich Saulnier einmal mehr als selbstbewusst-effektiver Genre-Künstler entpuppt.

14.04.2024

4

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Kommentare

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Barbarum

vor 7 Jahren

Gerne hätte ich etwas mehr von der Portion Irrwitz gehabt, die der Film erst gegen das Finale verteilt, so ist "Green Room" zwischendurch auch immer wieder mau und von den Schauplätzen natürlich begrenzt. Das meiste spielt sich in einem Raum und in dem Gang davor hin zur Bar ab. Die Anzahl Schockmomente allerdings die Saulnier aus diesem Wenigen herausholt sind allemal sehenswert und halten die Nerven angespannt.Mehr anzeigen


sum21

vor 7 Jahren

Ein guter und zum Teil auch sehr brutaler Film, nur schade, dass das Pathe Kino diesen Film nur eine Woche gezeigt hat, dafür bin ich dem Stadtkino sehr dankbar, dass ich heute die Gelegenheit hatte, diesen Film noch anzusehen, bevor er wieder von der Bildfläche verschwindet.
Was mich sehr beschäftigt ist die Frage, ob das alles eine geplante Sache von dem Cousin war, seine Kumpels an diesen Cousins mit seinen Neonazi-Skinheads zu vermitteln, und ob der Mord an dieser jungen Frau geplante Sache war, um die Punks zu eliminieren.
Aber in diesem Film sieht man auch, dass die braune Suppe überall noch am Kochen ist, ob in den USA oder in Deutschland oder in Österreich. Man muss also immer Wachsam bleiben.Mehr anzeigen


zuckerwättli

vor 7 Jahren

Ich habe da anscheinend einen anderen Film gesehen als der Kritiker... ich fand den Film langweilig und wenig nachvollziehbar. Es ist zwar nicht sehr voraussehbar, wer als nächstes stirbt. Aber da einem fast alle Figuren ziemlich egal sind, reisst einem dies auch nicht vom Hocker. Lieber nochmals "Blue Ruin" vom gleichen Regisseur schauen.Mehr anzeigen


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